IX. Wann kann aus betriebsbedingten Gründen gekündigt werden?

Die betriebsbedingte Kündigung hat im Wesentlichen folgende drei Voraussetzungen 

  1. Wegfall des Beschäftigungsbedarfs
    Der betriebliche Beschäftigungsbedarf soll sich um mindestens einen Arbeitsplatz dauerhaft reduzieren. Es ist dabei unerheblich, ob dies auf äußere Einflüsse (z.B. Coronakrise) oder innerbetriebliche Maßnahmen (z.B. Rationalisierungsmaßnahmen) zurückzuführen ist.
  2. Keine anderweitige Möglichkeit der Beschäftigung
    Eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auch nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder unter geänderten Arbeitsbedingungen ist im Unternehmen nicht möglich.
  3. Sozialauswahl 
    Kann der Arbeitgeber erfolgreich darlegen, dass der Beschäftigungsbedarf für einen Mitarbeiter entfallen ist, ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die sozialen Belange der Mitarbeiter nicht ausreichend berücksichtigt hat. Die Sozialauswahl erfolgt im Wesentlichen in zwei Schritten: 
    - Personenkreis für die Sozialauswahl  
    Die Sozialauswahl ist unter allen vergleichbaren Mitarbeitern durchzuführen. Vergleichbar sind alle Mitarbeiter, die von ihrer Qualifikation her in der Lage sind, sich gegenseitig zu vertreten und welche der Arbeitgeber im Rahmen der Versetzung untereinander austauschen könnte. Aus der Gruppe der vergleichbaren Mitarbeiter können einzelne Arbeitnehmer ausgeschlossen werden, deren Weiterbeschäftigung aufgrund besonderer Kenntnisse, Fähigkeiten oder Leistungen für den Betrieb besonders wichtig ist. 
    - Soziale Merkmale 
    Von allen vergleichbaren Mitarbeitern hat der Arbeitgeber denjenigen Arbeitnehmer auszusuchen, der unter „ausreichender“ Berücksichtigung folgender Merkmale sozial am wenigsten schutzwürdig ist:
    -- Dauer der Betriebszugehörigkeit,
    -- Lebensalter,
    -- Unterhaltspflichten (verheiratet, Kinder)
    -- Schwerbehinderung.

    Wann diese Merkmale „ausreichend“ berücksichtigt sind, regelt das Gesetz nicht. Mittlerweile kann aber auf eine jahrzehntelange Rechtsprechung der Arbeitsgerichte zurückgegriffen werden.
    z.B.:
    BAG, Urt. v. 18.01.1990 – 2 AZR 357/89, NZA 1990, 729;
    BAG, Urt. v. 23.11.2000 – 2 AZR 533/99, NZA 2001, 601;
    BAG, Urt. v. 06.09.2007 – 2 AZR 387/06, NZA 2008, 405;
    BAG, Urt. v. 27.04.2017 – 2 AZR 67/16, NZA 2017,

  4. Betriebsbedingte Kündigung während Kurzarbeit
    Die Einführung von Kurzarbeit spricht zunächst dafür, dass der Arbeitgeber nur von einem vorübergehenden Arbeitsmangel und nicht von einem dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf ausgegangen ist. Ein nur vorübergehender Arbeitsmangel wiederum kann aber eine betriebsbedingte Kündigung nicht rechtfertigen. Dieses aus der Kurzarbeit folgende Indiz kann der wegen § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG beweisbelastete Arbeitgeber durch konkreten Sachvortrag entkräften (BAG, Urt. v. 26.06.1997 – 2 AZR 494/96, NJW 1998, 627 NZA 1997, 1286 BB 1997, 2172 BB 1997, 2655 DB 1997, 2079). Entfällt die Beschäftigungsmöglichkeit für einzelne von der Kurzarbeit betroffene Arbeitnehmer aufgrund später eingetretener weiterer Umstände oder veränderter wirtschaftlicher und/oder organisatorischer Rahmenbedingungen auf Dauer, so kann trotz der Kurzarbeit ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung bestehen (BAG, Urt. v. 26.06.1997 – 2 AZR 494/96).
    Anmerkung: Mit der Kündigung wird dann aber der Anspruch auf Kurzarbeitergeld entfallen (§ 98 Abs. 1 Nr. 2 SGB III).